Als linksjugend [’solid] Mainz haben wir am Dienstag auf unserem Basisgruppentreffen die politische Erklärung des BAK Revolutionäre Linke diskutiert und einstimmig beschlossen. Wur schließen uns damit @jugendfuersozialismus an! Wir sind weiterhin aktiv und wollen gemeinsam mit euch einen kämpferischen und sozialistischen Jugendverband aufbauen! Unser Programm bleibt das gleiche. Wir sind uns einig, dass unsere Zeit und Energie besser eingesetzt ist, wenn wir unter diesem neuen Namen weitermachen. Unser nächstes Treffen findet am 21. Februar um 18:30 Uhr statt. Meldet euch und kämpft mit uns gegen Ausbeutung, Rassismus, Sexismus, Klimazerstörung und Kapitalismus und für sozialistische Demokratie!Meldet euch also bei uns und macht mit. Wir stellen die vollständige Erklärung auch auf unsere Webseite und schicken sie euch gerne zu!
Gründungserklärung: Warum wir „Jugend für Sozialismus“ gründen
Hier könnt ihr die Erklärung unterzeichnen.
Die Preise explodieren. Auch in Deutschland droht die größte soziale Krise seit Jahrzehnten und eine Rezession steht vor der Tür. Nazis und Rassist*innen laufen sich warm, um das für ihre Hetze auszunutzen. Die Bedrohung durch den Klimawandel wird immer konkreter und für Millionen Menschen existenzbedrohend. Der Krieg ist zurück in Europa, Millionen sind auf der Flucht und wir erleben eine massive Zunahme der Spannungen zwischen den großen und kleinen kapitalistischen Mächten. Der Kapitalismus befindet sich im multiplen Dauerkrisenzustand und die Zukunftsaussichten scheinen aktuell düster. Gerade für Jugendliche stellt sich die Frage, was für eine Zukunft sie auf diesem Planeten haben sollen, wenn es so weitergeht wie bisher.
Die Verhältnisse schreien geradezu nach einer politischen Antwort von links und damit auch nach einer Kraft, welche der existierenden Unzufriedenheit einen linken Ausdruck verleiht. Der Bundesverband der linksjugend [‘solid] – der größte linke Jugendverband, der eigentlich in einer Position wäre, solch ein Angebot zu sein – ist leider Welten davon entfernt, eine solche Organisation darzustellen. Im BAK Revolutionäre Linke, als Mitglieder und Basisgruppen der linksjugend [’solid] waren wir lange im Bundesverband aktiv, haben diesen teils über viele Jahre und führend in einigen Landesverbänden auf einer radikal-sozialistischen Grundlage aufgebaut und sahen darin – trotz der seit seiner Gründung bestehenden Probleme und Unzulänglichkeiten – eine Möglichkeit, einen Beitrag zum Aufbau einer breiten, sozialistischen Jugendorganisation zu leisten. Wir haben deshalb lange auch für einen klassenkämpferischen Kurswechsel und eine Abkehr von bürokratischen Methoden und Karrierismus auf Bundesebene gekämpft. Allerdings sahen wir uns in den letzten Monaten gezwungen, in Frage zu stellen, inwiefern diese Arbeit gerechtfertigt ist und tatsächlich einen solchen Beitrag darstellt. Mit dieser Erklärung wollen wir begründen, warum wir zu der Schlussfolgerung gekommen sind, eine vom Bundesverband unabhängige Struktur zu schaffen.
Noch traurigerer Zustand als in der Partei
Der Bundesverband der linksjugend [‘solid] gibt leider ein noch traurigeres Bild als seine, sich ebenfalls in der Krise befindenden Mutterpartei DIE LINKE ab. Seit Jahren gilt auf Bundesebene und in den meisten Landesverbände die eher ungewöhnliche Regel, dass der Jugendverband politisch noch angepasster und unattraktiver ist als die Partei; wurden vom Bundesverband keine ernsthaften Kampagnen zum Verbandsaufbau organisiert – geschweige denn damit sozialistische Ideen unter Schüler*innen, Studierenden oder jungen Beschäftigten verbreitet. Abseits sozialer Medien und linker Zirkel spielen Bekenntnisse zum Sozialismus keine wirkliche Rolle für die Praxis. In den größten sozialen Bewegungen und Kämpfen der letzten Jahre war der Bundesverband quasi unsichtbar. Trotz der Beteiligung vieler individueller Genoss*innen spielte er entweder keine praktisch relevante und/oder keine politisch eigenständige Rolle, in dem Sinne Vorschläge für Kämpfe oder sozialistische Positionen in die Bewegung zu tragen. Ämter im Jugendverband werden hingegen viel zu oft als Karrieresprungbretter für den eigenen politischen Lebenslauf statt für den Aufbau eines kämpferischen Verbandes genutzt. Das dürfte eine Erklärung dafür sein, warum der sich seit Jahren vollziehende Anpassungskurs der LINKEN, insbesondere die Beteiligungen an Regierungen mit pro-kapitalistischen Parteien, auf so wenig Kritik bei führenden Mitgliedern im Bundesverband und in vielen Landesverbänden stößt. Der seit Jahren unfassbare Zustand, dass antideutsche Kräfte regelmäßig mit rassistischen, islamfeindlichen Ausfällen auf sich aufmerksam machen können, wird nicht nur geduldet, sondern diese Personen können sogar Führungspositionen bekleiden. Die Stimmung unter vielen Genoss*innen und die Diskussionskultur im Verband sind gleichermaßen im Keller.
Versagen angesichts neuer politischer Herausforderungen
Wir haben unsere Kritik an diesen Entwicklungen, den Mehrheitspositionen und am generellen Kurs der linksjugend [’solid] seit Jahren formuliert. Die letzten Monate haben nochmal besondere politische Herausforderungen aufgeworfen. Auch auf diese hat der Bundesverband mit falschen Positionierungen reagiert. So gab er dem Druck nach, keine unabhängige Klassenposition in der Haltung zum Ukraine-Krieg einzunehmen. Es ist keine Frage, dass der russische Angriffskrieg zu verurteilen ist und Putin damit imperialistische Interessen verfolgt, wie es der letzte Bundeskongress getan hat. Doch es reicht nicht aus, im Gegenzug nur zuzugestehen, dass das im „Kontext innerimperialistischer Konflikte“ stattfindet und auch „der Westen versucht, die Ukraine in eigene imperiale Lager zu ziehen“, wenn man sich im selben Atemzug mit dem „auf verschiedenen Wegen sich artikulierenden Widerstand der ukrainischen Bevölkerung“ solidarisiert.[1] Denn das schließt die Solidarisierung mit dem neoliberalen, vom westlichen Imperialismus unterstützten Selensky-Regime und seiner Armee bis hin zu den teils faschistischen Asow-Strukturen ein, die Teil dieser Armee sind. Diese Kräfte haben das Selbstbestimmungsrecht u.a. der russischsprachigen Bevölkerung mit Füßen getreten. So sehr es ein Recht auf Selbstverteidigung der Arbeiter*innenklasse und Unterdrücktenin der Ukraine gibt (und zwar für alle Teile), so wenig dürfen sich Sozialist*innen mit solchen Kräften solidarisieren. Es ist ein Armutszeugnis, dass in diesem Zusammenhang das explizite Nein zu Rüstungsexporten an diese pro-kapitalistischen Kräfte keine Mehrheit fand. Ebenso ist es falsch zu hoffen, über „effektive Sanktionen gegen Russland, welche vor allem den Machtapparat Putins […] als Ziel haben“[2], den Krieg zu beenden. Mit einer solchen Positionierung verleiht man letztlich den realen Sanktionen des Westens, deren Folgen vor allem die Arbeiter*innenklasse in Russland und weltweit zu spüren bekommen, eine grundsätzliche Rechtfertigung, statt zu erklären, dass diese abzulehnen sind.
Besondere Blüten treibt mittlerweile auch das im Bundesverband vorherrschende Verständnis vom Kampf gegen Diskriminierung, welches wir als „Identitätspolitik“ bezeichnen würden. Auch wenn sie für junge Menschen ein Ausgangspunkt in ihrer Politisierung sein können, verwischen diese Ideen die Verantwortung des kapitalistischen Systems für Diskriminierung. Sie bringen damit nicht den notwendigen Kampf gegen Unterdrückung und Diskriminierung weiter, sondern verschärfen die Spaltung in der Arbeiter*innenklasse und zwischen unterdrückten Gruppen, wenn Unterdrückungsformen lediglich katalogisiert werden. Der Kampf gegen Unterdrückung wird dabei nicht mit dem Kampf für gemeinsame soziale Interessen verbunden. Identitätspolitik wird dafür im Bundesverband regelmäßig für die eigene politische Agenda ausgenutzt. Auf dem letzten Bundeskongress konnte eine Mehrheit im „Plenum von von Rassismus Betroffenen“ durchsetzen, dass auf dem Bundeskongress keine weiteren Äußerungen erlaubt sind, welche zum Beispiel die Sanktionen gegen Russland als eine Ursache der aktuellen Inflation benennen oder einen Zusammenhang zwischen dem Agieren der NATO in den letzten Jahren und dem russischen Krieg in der Ukraine herstellen. Ebenso falsch ist die Haltung, die sich im Jugendverband zum Umgang mit Vorwürfen sexistischen Fehlverhaltens verbreitet hat. Zum Beispiel wurde auf dem FLINTA-Plenum[3] des letzten Bundeskongress ein Antrag abgelehnt, der sich für unabhängige Untersuchungen solcher Vorwürfe ausspricht. So wie wir eine Relativierung der Probleme von Sexismus und Machtmissbrauch in der Partei, die sich unter dem Hashtag #LinkeMeToo offenbart haben, zurückweisen und eine umfassende und unabhängige Untersuchung aller Vorwürfe gefordert haben, weisen wir die mittlerweile im Bundesverband dominierende Logik der Definitionsmacht zurück, die solche unabhängigen Untersuchungen von Vorwürfen, die Verteidigung von Angeklagten und die Unschuldsvermutung ausschließen. Wir wollen diskutieren, wie wir am besten mit dieser Situation umgehen, und laden alle, die zu ähnlichen Schlüssen kommen, dazu ein.
Nicht reformierbar
Diese Entwicklungen und Probleme gibt es nicht erst seit gestern. Wir haben sie in den letzten Jahren immer wieder an verschiedener Stelle kritisiert. Doch Quantität kann in Qualität umschlagen. Zuletzt mussten wir vermehrt feststellen, dass die Zugehörigkeit zum Bundesverband eine Hürde darstellte, um junge Menschen für eine Mitarbeit in unseren Strukturen zu gewinnen.Das hat sicherlich auch mit der Krise der Partei zu tun. Aber wir mussten auch feststellen, dass sich sehr viele Mitglieder drängender als in der Vergangenheit die Frage stellen, welchen Sinn die Arbeit in diesem Verband eigentlich noch macht und einige diese Frage individuell mit ihrem Austritt beantwortet haben.
Mit der sich verschärfenden Krise des Kapitalismus und der dringenden Notwendigkeit, dieses System auf den Müllhaufen der Geschichte zu werfen, wächst auch der Widerspruch zur offenkundigen Unzulänglichkeit des Bundesverbands, zu dieser Aufgabe einen sinnvollen Beitrag zu leisten. Doch wir stellen nicht nur mehr diese Unzulänglichkeit fest. Die Vielzahl unsolidarisch geführter Diskussionen und die gegen jede Kritik feindlich gestimmte Atmosphäre auf Bundeskongressen oder ähnlichen Veranstaltungen, die wiederholten Ausschlussversuche und bürokratischen Methoden gegen kritische Stimmen und Marxist*innen, das Festhalten an der falschen Ausrichtung und diesen Methoden trotz der anhaltenden Krise des Verbands – diese und mehr Erfahrungen dieser Art aus den letzten Jahren zeigen uns, dass dieser Bundesverband nicht reformierbar ist.
Wir brauchen etwas Neues!
Wir haben lange für einen kämpferischen, demokratischen und sozialistischen Jugendverband gekämpft. Diesen Kampf wollen und werden wir fortsetzen, aber wir stellen fest, dass dieser Bundesverband kein geeigneter Rahmen mehr dafür ist. Wir brauchen etwas Neues! Wir wollen weiter für die marxistischen Positionen eintreten, die wir in den letzten Jahren als BAK Revolutionäre Linke und unter anderem in den Landessprecher*innenräten von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz vertreten haben und die geeignet sind, einen Beitrag zum Aufbau eines großen sozialistischen Jugendverbands zu leisten.
Mit „Jugend für Sozialismus“ wollen wir eine neue bundesweite Struktur schaffen – unabhängig vom Bundesverband. Wir laden alle linksjugend-Basisgruppen und ‑Mitglieder ein, die unsere Kritik am Bundesverband teilen, sich ihr anzuschließen. Dafür ist es nicht nötig, aus der linksjugend [’solid] auszutreten. Doch wir halten es nicht für sinnvoll, den Kampf, um den Bundesverband fortzuführen und wollen vor allem auch an bisher unorganisierte Jugendliche herantreten, um sie für sozialistische Ideen zu gewinnen.
Wir halten an dem Ziel fest, eine sozialistische Arbeiter*innenmassenpartei aufzubauen. In der LINKEN sind tausende Aktivist*innen organisiert, von denen viele eine Rolle beim Aufbau einer solchen Partei in Zukunft spielen könnten. Deshalb werden wir weiter die LINKE kritisch unterstützen. Aber es ist offen, wie sich die Krise in der Partei weiter entwickeln wird. Uns ist bewusst, dass die Partei am Abgrund steht und eine Spaltung immer wahrscheinlicher scheint. Da es bisher noch keine andere große linke Alternative gibt, werden wir uns weiter in der Partei sowohl für den so dringend nötigen sozialistischen und oppositionellen Kurswechsel einsetzen und den Regierungsbeteiligungen mit pro-kapitalistischen Parteien und der Anpassung an SPD und Grüne als auch den „linkskonservativen“ Ideen von Sahra Wagenknecht entgegentreten, die zum aktuellen Kurs keine linke Alternative darstellen.
Viele Genoss*innen haben viel Zeit und Arbeit in den Aufbau eines sozialistischen Jugendverbands gesteckt. So traurig die Einsicht auch ist, dass dieser Bundesverband nicht mehr zu retten ist: Die sich vertiefende Krise des Kapitalismus führt aktuell zu vielen Herausforderungen, aber früher oder später auch zu neuen Chancen, um massenhaft Jugendliche für sozialistische Ideen zu gewinnen.
[1] https://www.linksjugend-solid.de/beschluss/krieg-und-frieden-in-der-ukraine/
[2] https://www.linksjugend-solid.de/beschluss/programm-gegen-preissteigerungen-und-energiekrise/
[3] FLINTA = Frauen, Lesben, Inter‑, Nonbinäre, Trans- und Agender.