BioNTech und der Skandal der Impfpatente sorgen für saftige Steuereinnahmen, die wieder an die Bosse gehen.
Vom „Wunder von Mainz“ sprach Günter Beck (B‘90/Grüne), Finanzdezernent von Mainz, als er über die 1,09 Milliarden Euro Steuereinnahmen der Stadt Mainz und was damit passieren soll, berichtete. Schaut man sich an, was „das Wunder“ ist, dann ist klar, dass es sich keinesfalls um ein „Wunder“ für alle handelt, sondern nur für eine kleine Minderheit. Doch fangen wir von vorne an: Der Großteil der Gewerbesteuereinnahmen aus dem Jahre 2021 stammen vom Mainzer Pharmaunternehmen BioNTech.
Das Pharmaunternehmen BioNTech, wurde 2008 in Mainz vom Ehepaar Prof. Dr. Uğur Şahin und Prof. Dr. Özlem Türeci gegründet, zur Erforschung individualisierter Krebsimmunisierungstherapie. Für dies erhielt BioNTech knapp 63 Millionen Euro Subventionen vom Deutschen Staat und der EU. Durchaus visionär kam BioNTech-CEO Prof. Dr. Uğur Şahin 2020 nach eigenen Angaben durch das Lesen einer Fachzeitschrift früh darauf, dass „die RnA Methode“, an der BioNTech forschte, relevant für die Bekämpfung des Covid19 Virus wäre und bei BioNTech fing man an einen Impfstoff zu entwickeln. Etwas später wurden dem Konzern 375 Millionen Euro vom Bundesforschungsministerium für die mRNA-basierte Impfstoffentwicklung zugesagt.
Der später entwickelte Impfstoff erlangte später bekanntlich weltweite Berühmtheit im Kampf gegen das Corona-Virus und rettete unzählige Leben. Was für viele ein Segen war, war aber für BioNTech eine Ware, mit der Gewinn gemacht werden sollte. Dies gelang auch. 2020 machte BioNTech 482 Millionen Euro Gewinn und 2021 brachte es der Konzern allein im dritten Quartal auf 6,1 Milliarden. Auch für das laufende Jahr sind angesichts der Inzidenzrekorde neue Umsatzhöchststände in Sicht. Daraufhin hieß es im Oxfam-Bericht berechtigterweise: „Die Vakzine müssten als öffentliches Gut behandelt werden, auch weil Regierungen ihre Entwicklung mit viel Steuergeld gefördert hätten.“ Um die Vakzine von BioNTech als öffentliches Gut zu behandeln, wäre ein erster Schritt die Freigabe der Patente. Aber da bangen sofort die Verteidiger*innen des Kapitalismus: „Hebe man die Patente auf, dann gäbe es ja kein Interesse mehr für die Pharmaindustrie in der nächsten Pandemie Impfstoffe zu entwickeln!“
Dabei beweist dies ja gerade die Minderwertigkeit der kapitalistischen Produktionsweise. Denn das Interesse der Pharmaindustrie liegt offensichtlich nicht in der Erforschung von Heilmitteln, sondern im Erwirtschaften von möglichst großen Profiten. Dies gilt für alle Unternehmen im Kapitalismus, deshalb müssen nicht nur die Impfpatente aufgehoben, sondern die gesamte Pharmaindustrie verstaatlicht werden, unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung. Die Forderung nach der Aufhebung der Impfpatente ist also richtig, aber es muss weitergehen. Auch die Aufhebung der Impfpatente, wird am grundlegenden Charakter des Kapitalismus nichts ändern. Die extrem hohen Gewinne von BioNTech fließen auch nicht an die, die den Impfstoff herstellen. Laut der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) klagen Beschäftigte über intransparente Vergütungsstrukturen und Arbeit an der Belastungsgrenze. Tarifverträge gibt es nicht, und Gesprächsangebote der Gewerkschaft werden seit Jahren ausgeschlagen. Den allergrößten Gewinn expropriieren (beuten aus) die Hauptaktionäre von BioNTech, die Zwillinge Stüngelmann, die jetzt zu den reichsten Deutschen und damit zu den 150 Reichsten der Welt (Bloomberg) gehören. Aber auch der gepriesene BioNTech-Ceo Prof. Dr. Uğur Sahin ist mit seinen 17% Anteilen „gut mit dabei“, er kann sich zu den 300 Reichsten der Welt (Bloomberg) und zu den 10 Reichsten Deutschen zählen.
Dieser Gewinn basiert aber nicht nur auf der Ausbeutung der Mitarbeiter*innen. Wie wir wissen hatte der Impfstoff einen Preis (54€ pro Dosis), den die EU zum Feilschen brachte und selbst den Chef der Deutschen Ärztekammer von unseriösem Profitstreben sprechen ließ. Dieser wurde schließlich doch abgesenkt, doch nun ist der Preis pro Dosis des BioNTech-Pfizer-Vakzins von 15,50 Euro auf 19,50 Euro gestiegen. Man schaue sich nur die Impfquoten in Afrika an, die zwischen 1% und 30% schwanken. Diese sind sicherlich lukrative Märkte für BioNTech, nachdem in den fortschrittlichen kapitalistischen Ländern hohe Impfquoten erreicht worden sind. So wundert es nicht, dass die Stiftung Kenup, die von BioNTech finanziert wird, versucht, unabhängige Erforschung von Impfstoffen zu verhindern. Im österreichischen Standard hieß es dazu: „Über die von BioNTech finanzierte Stiftung Kenup hat das Mainzer Unternehmen nach Recherchen des British Medical Journal sogar versucht, die südafrikanische Forschung zu stoppen. In einem Brief an die Regierung in Pretoria warnte Kenup im August vergangenen Jahres davor, dass der Kapstädter Versuch gegen das Patentrecht verstoße: Er sei deshalb ohnehin kurzlebig und müsse abgebrochen werden. Stattdessen promotete die „Stiftung“ die Pläne BioNTechs, den Impfstoff der Mainzer Firma erst in Ruanda und dann in Senegal in Containern herzustellen: Sie sollen in Deutschland ausgestattet und zumindest anfangs von BioNTech-Personal betrieben werden.“
An allen, die mit der Patentierung dafür sorgen das die Impfstoffe nicht überall, wo möglich produziert werden können, klebt unsichtbar das Blut der Toten, die dadurch keinen Impfstoff bekommen konnten. Der Oxfam-Bericht spricht von Millionen. Das Wunder ist also ein Riesen Skandal. Die Stadt plant, ein Spitzenstandort für Biotechnologische Konzerne zu werden, wenn die Schulden abbezahlt sind und das übrige Geld in mögliche Prestigeprojekte versenkt sind. Denn anstatt Mieten zu senken und die Pflege gerecht zu finanzieren wird die Gewerbesteuer gesenkt(!), für BioNTech ein neues Gebäude gebaut und Flächen für die Ansiedlung weiterer Biotechnologischer Konzerne gekauft. All das, während immer mehr Menschen Probleme haben ihre Miete zu zahlen und die Preise für alltägliche Waren im Zuge der Inflation steigen. Das zeigt uns, dass die arbeitende Bevölkerung sich weiter organisieren muss und für konkrete Verbesserungen kämpfen muss, denn sie kann die Hebel in die Hand nehmen. Statt die Pläne der Stadt, die Interessen der Bosse umzusetzen, fordern wir eine demokratische Entscheidung über die Verwendung der zusätzlichen Einnahmen der Stadt, durch demokratisch gewählte Vertreter:innen der lokalen Bevölkerung, von Gewerkschaften und sozialen Initiativen. Vertreter:innen von Mieter:inneninitiativen, Stadteiltreffen, den Gewerkschaften, sozialen Projekten und Bewohner:innen aus allen Stadteilen sollen zusammenkommen und einen Plan ausarbeiten, wie die Einnahmen eingesetzt werden können und dafür mobilisieren.
Wir kämpfen für:
- Zurücknahme der Gewerbesteuersenkung
- Freigabe der Impfpatente
- Investitionen in den sozialen Wohnungsbau, kostenloser und gut ausgebauter ÖPNV und ins Bildungswesen
- Aufhebung des Fallpauschalensystems und bedarfsgerechte und verbindliche Personalbemessung für alle Berufsgruppen im Gesundheitswesen
- Die Bildung von Wissenschaftspools, um die Forschungsergebnisse allen zur Verfügung zu stellen und die Zurverfügungstellung von Technik, Knowhow und Ausbildungskapazitäten vor allem für die neokoloniale Welt.
- Statt Marktkonkurrenz und Profitwirtschaft – demokratische Wirtschaftsplanung und internationale Kooperation – für sozialistische Demokratie weltweit!