Unmut und Verunsicherung bei vielen Schüler*innen sind groß. Im Lockdown Light wurden private Kontakte eingeschränkt, während Bildungseinrichtungen weiter offen blieben – völlig unvorbereitet auf die abzusehende zweite Welle. Noch am 9. Dezember veröffentlichte das Bildungsministerium Rheinland-Pfalz eine Stellungnahme, in welcher auf die niedrigen Infektionszahlen in Schulen hingewiesen wurde und betont wurde, die Hygienemaßnahmen würden effizient umgesetzt. Bildungsministerin Dr. Stefanie Hubig (SPD) sagte dazu: „[Wir müssen] uns im privaten und auch im gesellschaftlichen Leben zurücknehmen und Einschränkungen hinnehmen: damit Schulen und Kitas geöffnet bleiben können, damit unser Gesundheitswesen nicht überlastet wird.“ Doch was steckt wirklich hinter dieser Fokussierung auf geöffnete Schulen?“
Schulen und Kitas haben auch die Funktion einer Betreuungseinrichtung, vor allem für jüngere Kinder. Wenn diese flächendeckend geschlossen bleiben, dann müssten die Eltern für die Betreuung einspringen. Das würde bedeuten, dass sie nicht wie gewohnt weiterarbeiten könnten. Dies soll von Seiten der bürgerlichen Politik auf jeden Fall vermieden werden, damit die Profite der Wirtschaft, also der Chefs der Konzerne und der Reichen, nicht gefährdet werden. Außerdem sollen die Abschlussklassen von Schüler*innen und Azubis um jeden Preis zum geplanten Zeitpunkt ihre Prüfungen schreiben und ihren Abschluss erhalten, damit sie dem Arbeitsmarkt schnellstmöglich zur Verfügung stehen.
Gefährdet hat man dafür sowohl Lehrer*innen als auch Schüler*innen und deren Familien. Die Klassen blieben weiterhin größtenteils komplett besetzt, während im Unterricht permanente Maskenpflicht herrschte. Zeitgleich wird im Klassenraum (jedenfalls dort, wo es die maroden Gebäude überhaupt zulassen) dauergelüftet – im Winter! Klassenzimmer gleichen eher einem „Survival Outdoor Camp“ als einem Raum, in dem jede Person vielschichtige Bildung erfahren und sich in Sicherheit wiegen kann.
Die Situation an Berufsschulen war nicht besser. Da in Rheinland-Pfalz nur die Anwesenheitspflicht ausgesetzt wurde, sind Azubis gezwungen worden, zur Schule oder in den Betrieb zu gehen. Dort herrschen oft ähnlich katastrophale Sicherheitskonzepte, die keinen wirksamen Schutz gegen Ansteckung bieten. Außerdem fehlt den Azubis einiges an Stoff, welcher nur in den Berufsschulblöcken, aber nicht im Betrieb vermittelt wird. Dieser ist aber dennoch relevant für die Zwischen- und Abschlussprüfungen.
Es ist klar, dass die Schulen früher oder später wieder öffnen müssen. Doch wie im Sommer wurde wieder nichts in den verlängerten Ferien getan, um das so risikoarm wie möglich zu tun. Was ist die Lösung der etablierten Politik? Angela Merkel schlug Ende letzten Jahres vor, dass man ein paar mehr Winterkleidungsstücke anzieht und in die Hände klatscht, um sich warm zu halten. Klingt nach Satire, ist aber keine. Nötig ist stattdessen eines: massive Investitionen ins Bildungssystem. Die Installation von Luftfilterungsanlagen in den Schulen wäre eine effektive und schnelle Maßnahme. Die Beschaffung dieser für sämtliche Schulen in Deutschland würde vermutlich bis zu eine Milliarde Euro kosten. Nötig ist zudem eine Einstell- und Ausbildungsoffensive für pädagogisches Personal, um mit flächendeckend halbierten Klassen bzw. Wechselunterricht alle Beteiligten besser zu schützen. Nötig ist die Bereitstellung von Laptops und Internetzugängen für alle Schüler*innen, die es brauchen. Es müssen alle Voraussetzungen geschaffen werden, damit sich Schüler*innen, Eltern und Beschäftigte mit einer Fortsetzung des Schulbetriebs sicher fühlen können. Die Entscheidung über die Öffnung bzw. Schließung von Schulen sollte demokratisch in der Hand von gewählten Vertreter*innen der Schüler*innen, Lehrkräften und den Eltern liegen. Dies gilt ebenfalls für die Betriebe. Statt Arbeiter*innen der Willkür der Chefs auszusetzen, müssen Sicherheitskonzepte entwickelt werden, unter Beteiligung der Gewerkschaften und der Belegschaften. Ebenso sollten die Arbeiter*innen und Gewerkschaften selbst darüber demokratisch entscheiden, ob die aktuelle Öffnung ihres Betriebes notwendig ist. Bei einer Schließung muss es eine volle Lohnfortzahlung und garantierte Weiterbeschäftigung für alle Angestellten geben.
Doch statt solcher sinnvollen Investitionen zum Schutz der Gesundheit der Zivilbevölkerung setzt die Bundesregierung lieber 5,5 Milliarden Euro ein, um damit die Anschaffung von 38 neuen Kampfjets zu finanzieren. Große Konzerne werden mit hunderten Milliarden Euro unterstützt, während diese weiter fleißig Arbeiter*innen entlassen. Auf sie und die Landesregierung ist kein Verlass. Deshalb müssen wir auf die Straße gehen und protestieren. Schüler*innenstreiks, u.a. in Bochum, Mönchen-Gladbach, Frankfurt und Bremen haben die Herrschenden bereits unter Druck gesetzt! Dieser Druck muss weiter aufgebaut werden, damit endlich in unserem Interesse gehandelt wird.
Wir als linksjugend [’solid] Mainz denken, dass Proteste und Streiks der einzige Weg sind. Wenn Schüler*innen, Beschäftigte und Eltern (natürlich mit nötigen Hygienemaßnahmen) auf die Straße gehen, können Verbesserungen erkämpft werden. Wir wollen mit euch überlegen, wie wir am besten solche Proteste organisieren können. Kommt zu unseren Online-Basisgruppentreffen oder schreibt uns direkt an! Außerdem fordern wir von der GEW (Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft), Kämpfe zur aktuellen Lage in Schulen und Kindertageseinrichtungen zu organisieren.
Wir denken aber auch, dass diese Krise ein Anlass sein sollte, eine andere Bildungspolitik durchzusetzen. Denn fehlende Investitionen, Lehrer*innenmangel, zu große Klassen, marode Schulgebäude usw. sind kein „Corona-Problem“. Das gab es schon vorher, weil im Kapitalismus alles dem Profit der Unternehmen und nicht den Bedürfnissen der lohnabhängigen Bevölkerung untergeordnet wird. Deshalb kämpfen wir für eine andere, eine demokratisch-sozialistische Gesellschaft, in der Bildung nicht Leistungsdruck, sondern individuelle Entfaltung der Persönlichkeit bedeutet. Werde deshalb jetzt gemeinsam mit uns aktiv!
Wir kämpfen für:
Luftfilterungsanlagen für alle Klassenzimmer! Kostenlose Masken für Schüler*innen und Personal!
Halbierung der Klassen bzw. Wechselunterricht, solange wie nötig! Bei Raummangel: Nutzung leerstehender Hotels, Kongresszentren, usw.
Dauerhaft kleinere Klassen von maximal 15 Schüler*innen!
Massive Investitionen zwecks Einstellung und Ausbildung von pädagogischem Lehrpersonal und Sanierung maroder Schulgebäude!
Entscheidung über Schließung bzw. Öffnung von Schulen durch demokratisch gewählte Vertreter*innen von Schülerschaft, Elternschaft und Lehrpersonal!
Flächendeckende Bereitstellung von Laptops und Bereitstellung eines Internetzugangs für alle Schüler*innen, die es brauchen!
Niemand darf wegen der Pandemie sitzen bleiben! Aussetzung aller Prüfungen oder Absolvierung auf freiwilliger Basis!
Freier Zugang zu Bildung! Lernmittelfreiheit und Abschaffung aller Gebühren in Kitas, Unis und Volkshochschulen!
Finanzierung der Maßnahmen durch eine einmalige Corona-Abgabe von 30 Prozent auf Vermögen ab einer Million Euro, sowie drastisch höhere Besteuerung von Unternehmen und Super-Reichen!