Dritter Redebeitrag für die Kundgebung „Wohnen für Menschen statt für Profite“, welche am 28. März stattfinden sollen.
Redner: Jasper Proske | DIE LINKE Ortsgruppe Mainz-Süd
Liebe Freundinnen und Freunde,
mein Name ist Jasper Proske; ich bin Mitglied im Ortsbeirat Mainz-Weisenau und rede heute für die PdL Mz-Süd
Unsere geplante Kundgebung konnte ja leider aufgrund der aktuellen Situation vorerst nicht stattfinden.
Nichtsdestotrotz ist das Thema Wohnen nicht vom Tisch, und kann nicht vom Tisch sein, zumal sich die Situation noch einmal massiv verschärfen wird, falls es zu einer Wirtschaftskrise kommt.
Wir müssen alles daran setzen, die Wohnungskrise auf die politische Tagesordnung zu setzen, eine breite Debatte über die notwendigen Maßnahmen anstoßen und eine Bewegung zu deren Umsetzung aufbauen. Die Zeit drängt.
Die geplante Versammlung werden wir sicher, sobald die Situation dies erlaubt nachholen und dann hoffentlich weitere Mobilisierungen und Veranstaltungen in die Wege leiten.
Für den Augenblick möchte ich aber den Anlass nutzen, um auf das Ausmaß der Krise und die daraus entstehende Situation hier in Mainz, näher einzugehen.
Es ist eigentlich kein Geheimnis, dass die Stadt Mainz sich in einer in der neueren Geschichte nie dagewesenen Wohnraumkrise befindet. Wir rangieren am Wohnungsmarkt seit Jahren unter den Top-10 der teuersten Mieten in ganz Deutschland—aktuell wieder auf Rang 5, noch vor Metropolen wie Berlin, Köln, oder Hamburg.
Bei Neuvermietungen liegt der Quadratmeterpreis bei astronomischen 12,33€ was bedeutet, dass es für die meisten Menschen faktisch unmöglich sein wird, in Mainz eine bezahlbare Wohnung zu finden. Eine Familie mit Kindern wäre i.d.R. gezwungen sein, zwischen 1.000 und 1.500 € allein für die Kaltmiete aufzubringen.
Dass dies für Normalverdiener absolut utopisch ist, und wahrscheinlich mehr als die Hälfte des jeweiligen Haushaltseinkommens auffressen würde, ist offensichtlich.
Übrigens sinken die Mieten auch nicht wirklich drastisch, wenn wir aus der Stadt raus ins Umland gehen, also ist auch die Flucht nach Außerhalb, die von einigen vorgeschlagen wird, keine Lösung.
Außerdem ist es nicht akzeptabel, von Menschen die hier bei uns arbeiten zu verlangen, dass sie aber bitteschön woanders, weiter weg, wohnen sollen, „weil sie eben zu schlecht verdienen“.
Weder Frisörinnen noch Pflegepersonal oder Logistikfachkräfte oder sonstige Berufsgruppen sind Dienstboten, von denen irgendjemand verlangen kann, bitteschön hier zu arbeiten aber doch bitte auf dem Land zu wohnen, wo sie „es sich leisten können“!
Und inzwischen sind die Preise ja auch längst an einem Punkt, an dem sie für eine überwältigende Mehrheit nicht tragbar sind.
Oberbürgermeister Ebling hat sich einmal im Stadtrat uns gegenüber zu dem Kommentar verleiten lassen, „man würde ja so bauen, dass auch Menschen, die nicht gerade Beamten im Mittleren Dienst sind, sich das leisten können.“
In Wirklichkeit dürften die durchschnittlichen Neumieten in unserer Stadt auch für Kolleg*innen im Mittleren Dienst inzwischen völlig utopisch sein.
Moment, werden jetzt einige sagen: die Mieten in den meisten Bestandswohnungen sind doch nach wie vor deutlich niedriger. Also zahlen die meisten Leute immer noch deutlich weniger.
Das ist zwar richtig, aber nicht annähernd so beruhigend wie es klingt. Die Neuvermietungspreise sind das, was aktuell jeder der einen neuen Mietvertrag abschließt im Durchschnitt zahlt, ältere Wohnungen mit eingerechnet.
Das sind also die Wohnungen, die jetzt neu geschaffen werden während die älteren (günstigen) Wohnungen mit der Zeit wegfallen.
Und auch die Bestandswohnungen sind ja von regelmäßigen Mieterhöhungen oder sogar teuren, Sanierungen betroffen. Das Ergebnis ist, dass die Lebenshaltungskosten für die gesamte Bevölkerung in den nächsten Jahren zwangsläufig massiv steigen werden, und zwar auch dann, wenn die Neuvermietungskosten auf diesem Niveau stagnieren oder sogar leicht sinken würden.
Das Ergebnis werden für weite Teile der Bevölkerung der Absturz in die faktische Armut, und wahrscheinlich auch ein sprunghaftes ansteigen der Obdachlosigkeit. In einer Wirtschaftskrise werden die Konsequenzen in jeder Hinsicht katastrophal sein.
Wir sehen also, die Lage ist ernst, und schon durch die einfache Betrachtung der Situation sollte klar sein, dass das was von der Politik getan wird nicht geeignet ist, das Problem zu lösen. Aller Beteuerungen zum Trotz.
Was wird denn eigentlich getan? Vor allem wurden in den letzten Jahren eine Reihe mittlerer bis größerer Projekte angestoßen, bei denen Investoren, oft auf von der Stadt zu verkaufenden Flächen, neue Wohnungen schaffen.
Und genau da liegt der Haken, weil diese Investoren ja nur bauen, weil sie weiterhin steigende Mieten erwarten, also aus dem Gegenteiligen Grund wie gehofft wird. Und damit ist auch klar, dass diese Politik das Problem eigentlich nur verschärfen kann.
Abgesehen davon dass auch fraglich ist, ob die Menge an Wohnungen die gebaut werden überhaupt ausreichen würde, selbst wenn sie bezahlbar wären.
Bestenfalls kommen dabei einige hundert oder tausend neue Sozialwohnungen heraus, die aber durch andere, teurere Wohnungen querfinanziert werden, also nichts dazu beitragen tun, die Gesamtmieten zu senken.
Indes wird diese Maßnahme wahrscheinlich nicht einmal für die paar tausend Mainzerinnen und Mainzern mit Anspruch auf gefördertes Wohnen ausreichen, von der breiten Masse der Normalverdiener mal völlig abgesehen.
In der Zwischenzeit ist selbst die Wohnbau Mainz fleißig dabei, die steigenden Immobilienpreise auch an ihre Mieter weiterzugeben, wenn auch verzögert, immer für ein paar Euro weniger als die Marktpreise. Aber eben doch.
Man redet sich dann darauf raus, dass die Bau- und Sanierungskosten so rasant gestiegen wären. Aber eigentlich weiß jeder, dass es hier um die Grundstückspreise geht, die aktuell von einer riesigen Spekulationsblase in die Höhe getrieben werden.
Was wäre also wirklich zu tun?
Zunächst könnte die Wohnbau Mainz, die aktuell nur einen Bruchteil der Projekte trägt, den gesamten großflächigen Wohnungsbau übernehmen, was die Stadt als Eigentümerin vieler der Grundstücke eigentlich bestimmen könnte.
Außerdem muss die Wohnbau dazu bewegt werden, künftig auf Kostenmieten zu umzusteigen. Jeglicher Versuch, aus dem Wohnungsbau Gewinne für die öffentliche Hand zu ziehen heißt bestenfalls mit der einen Hand zu geben um mit der anderen zu nehmen, schlimmstenfalls forciert das noch die massive Preistreiberei. Damit muss Schluss sein.
Auch der Ausverkauf an öffentlichem Grund und Boden muss sofort umgekehrt werden, denn er treibt uns immer weiter in die Abhängigkeit von Bodenspekulanten.
Natürlich können unsere Forderungen nicht bei der Stadtpolitik haltmachen. Langfristig kann und wird nur die Enteignung aller Wohnungsbau- und Immobilienfirmen oberhalb einer bestimmten Größe und die Übertragung des gesamten Wohnungsbaus in öffentliche Hand und demokratische Kontrolle und die Einführung flächendeckender Kostenmieten das Problem lösen.
Solange es Privatinteressen erlaubt ist, über eine Monopolware wie Boden, vor allem in den Städten, zu verfügen, führt dies zwangsläufig zu massiven Profiten auf Kosten der Allgemeinheit. Jeder Mieter und selbst jede Regierung ist den Großeigentümern gegenüber völlig erpressbar. Dem muss ein Ende gesetzt werden.
Notfalls könnte man übrigens mit der Bauindustrie ebenso verfahren, auch das würde die Kosten enorm senken.
Sicher haben solche Maßnahmen heute noch keine Mehrheit; aber das ändert nichts daran dass sie am Ende der einzige Ausweg sind. Wohin die „marktwirtschaftliche“ Lösung führt, sehen wir jeden Tag, und inzwischen steht uns das Wasser bis zum Hals. Weit können wir es nicht mehr steigen lassen!
Ich wäre am 28. März auf die Straße gegangen, weil mit dieser Wohnungspolitik im Sinne der Miethaie und Spekulanten endlich Schluss sein muss! Der Markt kann uns keine lebenswerten Verhältnisse schaffen, und schon gar nicht, wenn es ums Wohnen geht.
Ich werde nicht aufhören, weiter auf die Straße zu gehen, Flugblätter zu verteilen, und die Menschen aufzurütteln, bis wir diesen Verhältnissen ein Ende gesetzt haben!
Schließt euch uns an! Gemeinsam können und müssen wir es schaffen.