Am Samstag fand in Mainz unter dem Motto „Wir haben Platz“ eine Demonstration für die Evakuierung und Aufnahme der Geflüchteten in Moria und zur Solidarität mit allen Menschen auf der Flucht statt. An dieser beteiligten sich insgesamt über 700 Menschen und diverse Organisationen, darunter natürlich auch wir. Gemeinsam können wir Druck aufbauen und gegen die unmenschliche Politik der EU kämpfen. Wir treten ein für ein Ende von Waffenexporten, Auslandseinsätzen und sichere Arbeits- und Lebensbedingungen, hohe Löhne, niedrige Mieten und gleiche Rechte für Alle!

Unser Genosse Kürsat Zincir hat für die Demonstration einen Redebeitrag im Namen der linksjugend [‘solid] Mainz verfasst. Da es zu viele Anfragen für Redebeiträge gab, wurde dieser dort nicht gehalten. Wir möchten diesen deshalb nachträglich hier veröffentlichen:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

ich begrüße Sie alle herzlichst, zu dieser heutigen Kundgebung, und freue mich, dass Sie so zahlreich erschienen seid.

Vor 12 Tagen ereignete sich ein Brand im Lager von Moria auf Lesbos. Gleich danach, in den darauffolgenden Tagen, wurde in der Öffentlichkeit geäußert, dass Geflüchtete auf Lesbos selbst die Lager in Moria angezündet haben, und das sie selbst für den Brand verantwortlich seien. Daraufhin wurde in der Öffentlichkeit geäußert, dass so etwas nicht belohnt werden dürfe, und dass die Geflüchteten weiterhin in Moria auf Lesbos bleiben sollen. An die Adresse derer, die so etwas in der Öffentlichkeit äußerten, muss man sagen:

Jahrelang forderten weltweit zivilgesellschaftliche Gruppen, dass die Lager in Lesbos evakuiert werden müssen. Die Geflüchteten in Lesbos leben dort nämlich seit Jahren unter erbärmlichen und menschenunwürdigen Umständen. Jahrelang wurden vonseiten der EU und der Bundesregierung diese Aufforderungen, dass die Lager in Lesbos evakuiert werden müssen, ignoriert. Von daher darf es niemanden verwundern, wenn Geflüchtete in Moria, die aufgrund des Syrien-Krieges sehr traumatisiert sind, anfangen auszuticken, weil ihre Ankunft ins europäische Festland verhindert und blockiert wird. Selbstverständlich geht es mir nicht darum einen Brand zu verteidigen. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass kein Mensch in dieser Welt diese menschenunwürdigen Zustände in Lesbos ertragen könnte, und dass die verzweifelten Geflüchteten deshalb so gehandelt haben. Wir fordern daher die komplette Evakuierung der Lager in Lesbos, alle Geflüchteten in Lesbos müssen hierher ins europäische Festland gebracht werden. Ich möchte hier, weil das zu dieser Situation passt, einen ehemaligen Generalstaatsanwalt, Hans-Christoph Schaeffer, zitieren:

„Ein wirksamer Schutz der Gesellschaft gegen innere und äußere Gefahren, d.h. auch gegen Kriminalität…, erfolgt nicht nur durch repressive Maßnahmen…, sondern auch durch die wesentlich wirksamere Prävention und schließlich durch eine Werteorientierung, durch die eine Gesellschaft stabilisiert wird… Die einseitige Hervorhebung von Wohlstandsdenken, Egoismus… und die damit die Überbetonung der Gesetze des Stärkeren gegenüber dem Schwächeren fördern nicht den Respekt vor und die Solidarität mit dem Mitmenschen. Sie begünstigt die Ausgrenzung von anderen, Andersartigen, Fremden, Schwachen und Hilfebedürftigen und animiert die Gewaltbereitschaft bei denen, die aus den verschiedensten persönlichen und soziologischen Gründen dafür anfällig sind.“

Wir müssen präventiv handeln, und präventiv handeln heißt:

Die Lager in Lesbos müssen komplett evakuiert werden, alle Geflüchteten in Lesbos müssen hierher nach Europa gebracht werden, und diesen Menschen muss hier in Europa eine Lebensperspektive angeboten werden. Bei der Aufnahme der Geflüchteten darf das Prinzip der sozialen Gerechtigkeit nicht außer Kraft gesetzt werden. Der Tisch für die Geflüchteten muss von den Wohlhabenden und Reichen gedeckt werden. Wir fordern einen offensiven, sozialen Wohnungsbau, um für ALLE in dieser Gesellschaft genügend Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Diejenigen in dieser Gesellschaft, die sich nicht in den Dienst der Allgemeinheit stellen, Immobilienkonzerne wie Deutsche Wohnen oder Vonovia, müssen komplett enteignet werden. Es ist unglaublich, dass die Staaten der westlichen Wertegemeinschaft, die selbst den Syrien-Krieg begangen, und die verantwortlich sind am Elend der Flüchtlinge, dass sie heute den Geflüchteten in Lesbos die kalte Schulter zeigen, und die komplette Evakuierung der Lager in Lesbos verhindern. Sie waren es, die den Syrien-Krieg begangen, und sie sind es, die am Elend der Flüchtlinge verantwortlich sind, dass es also den Geflüchteten in Lesbos nicht gut geht.

An dieser Stelle möchte ich Ihnen eines klar machen:

Was in ökonomischer Hinsicht Einnahmen bringt, dass bleibt in dieser Welt bestehen. Solange Waffen, Haubitzen und schweres Kriegsmaterial Einnahmen bringen in ökonomischer Hinsicht, solange werden in dieser Welt Kriege bestehen. Solange wird in dieser Welt Elend herrschen. Und solange wird in dieser Welt das Morden weiter gehen. Der große französische Sozialist Jean Jaures wurde vor dem 1.Weltkrieg von Nationalisten ermordet, nur weil er für den Frieden war. Jean Jaures sagte:

„Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen.“

Fakt ist, dass in der Wirtschafts- und Finanzordnung des Kapitalismus sich eine Perversion eingenistet hat. Das nämlich Waffen den Rüstungskonzernen ökonomische Einnahmen bringen. Deshalb bleibt die Rüstungsindustrie bestehen, und solange die Rüstungsindustrie bestehen bleibt, solange werden auch Kriege immer bestehen und es wird immer und immer wieder zu Kriegen kommen. Wir fordern von daher die komplette Zerschlagung der Rüstungsindustrie, das heißt: Die Rüstungsindustrie muss komplett verstaatlicht werden. Wenn sich nämlich Rüstungskonzerne in privaten Händen befinden, dann korrumpieren diese privaten Hände in Form von Lobbying sämtliche Staaten und Regierungen, um so viele Waffen wie möglich an Staaten und Regierungen zu verkaufen, und um somit einen größtmöglichen Umsatz zu machen. Und diesen Zirkel müssen wir durchbrechen: Die Rüstungskonzerne müssen komplett verstaatlicht werden, damit der Staat mit dem Abbau der Rüstungsindustrie beginnen kann und damit die Rüstungsindustrie komplett stillgelegt wird. Daraufhin muss in staatlicher Regie alles auf zivile Produktion umgestellt werden, und Produktion für militärische Mittel darf nicht mehr stattfinden. Nur so werden wir die Produktion weiterer Waffen verhindern und stoppen.

„Nie wieder Krieg“, das war die Maxime der Nachkriegszeit. Denn die Generationen vor uns hatten das unendliche Leid, dass der Krieg hinterlassen hatte, gesehen und gespürt. Heute beobachten wir, dass schon wieder weltweit Kriege geführt werden an denen sich Deutschland mitbeteiligt.

Wir lehnen Kriege ab. Diese Kriege werden wegen geopolitischen Interessen geführt, und immer geht es bei diesen Kriegen darum neue Absatzmärkte zu gewinnen, und sich Öl-Vorkommen einzuverleiben und zu sichern.

WIR LEHNEN JEGLICHE KRIEGSBETEILIGUNGEN AB!

NIEDER MIT DEM KAPITALISMUS! NIEDER MIT DER BARBAREI! UND NIEDER MIT DEM KRIEG!

Ich bitte Sie Geflüchtete niemals negativ zu betrachten, denn die Geflüchteten sind die Opfer und Leidtragenden dieser Kriege. Niemand von Ihnen wird sich richtig in die Situation der Geflüchteten hineinversetzen können, oder sich einfühlen können. Denn niemand der hier Anwesenden in dieser Kundgebung wird je einen Krieg erlebt haben.

Solidarisieren Sie sich bitte mit den Geflüchteten in Lesbos!

Kämpfen Sie bitte dafür, dass die Lager in Lesbos komplett evakuiert werden! Kämpfen Sie bitte dafür, dass alle Geflüchteten in Lesbos hierher ins europäische Festland gebracht werden!

In diesem Sinne, Glück auf!“

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