Am letzten Sonntag versammelten sich anlässlich des Frauenkampftags rund 600 Menschen am Mainzer HBF. Auch die linksjugend [‘solid] Mainz beteiligte sich wie bereits letztes Jahr an der Demonstration. Nach einigen Redebeiträgen zogen wir gemeinsam über den Schillerplatz zum Gutenberg-Platz.
Mit 600 Teilnehmenden war die Demonstration etwas größer als 2019. Dies kann einerseits daran liegen, dass der 8. März dieses Jahr auf einen Sonntag fiel, aber auch die Ereignisse der letzten Wochen, wie Hanau, Thüringen, die Lage an der griechischen Grenze etc., haben zu einer verstärkten Polarisierung beigetragen. Die allgemeine Zusammensetzung war dennoch recht studentisch geprägt, für eine Stadt mit über 40.000 Studierenden war dies aber auch zu erwarten. Die meisten Reden blieben leider auf einer rein moralischen Ebene, anstatt die materiellen Grundlagen von Frauenunterdrückung, wie Kapitalismus und Klassengesellschaft, klar zu benennen.
Trotzdem ist die Demonstration am 8. März ein Schritt in die richtige Richtung. Wir sehen es als wichtig an, den Kampf gegen Sexismus offensiv zu führen, wobei der 8. März nur der Startpunkt sein darf. Auch die Veranstaltungen, wie die feministische Aktionswoche, sind eine gute Möglichkeit, Raum für weiterführende Diskussionen und politische Angebote zu schaffen. Allerdings ist der Weg zu einem wirklichen feministischen Streik, welcher den ökonomischen Druck auf die Herrschenden aufbaut, noch weit entfernt.
Gerade in den Redebeiträgen auf der Demo wurde offensichtlich, dass eine klare Strategie fehlt, um den feministischen Kampf auszuweiten. Die Vertreterin der IG Metall gab offen zu, dass die Gewerkschaften zwar stärker eingebunden werden müssten, aber dass sie darüber hinaus keine klare Strategie hätten und endete damit, dass die Anwesenden doch mit ihren Kolleg*innen über Sexismus etc. reden sollten. Das ist unserer Meinung nach eine fatale Haltung. Statt passiv Kolleg*innen aufzurufen über Sexismus zu reden, sollten Gewerkschaften selbst Aufklärungskampagnen in Betrieben und Berufsschulen führen. Dabei sollte besonders hervorgehoben werden, dass der Kampf gegen Sexismus ein gemeinsamer Kampf aller Arbeiter*innen ist, egal welchen Geschlechts oder welcher sexuellen Orientierung.
Die Spaltung der arbeitenden Bevölkerung in Geschlechter und durch Sexismus nützt nur den Kapitalist*innen, welche damit niedrige Löhne und unbezahlte Haus- und Pflegearbeit rechtfertigen können und den gemeinsamen Kampf der Arbeiter*innen schwächen.
Es wäre wichtig, die Forderung nach der Vergesellschaftung von Hausarbeit und Daseinsvorsorge in den Vordergrund zu stellen. Die Mehrheit der Bevölkerung ist daruaf angewiesen, täglich arbeiten zu gehen, um sich die Miete, Gesundheit und Essen leisten zu können, sprich: um zu überleben. Frauen werden im Kapitalismus doppelt unterdrückt, indem sie neben der Lohnarbeit auch noch den Großteil an Haus-, Erziehungs- und Pflegearbeit leisten. Hier ist aber auch die Betonung eines gemeinsamen Kampfes gegen den kapitalistischen Ausbeutungsprozess entscheidend. Eine alleinerziehende Frau, welche über 40 Stunden die Woche arbeitet, hat mehr gemeinsam mit ihren männlichen Kollegen, als mit einer Managerin eines Großkonzerns, welche keine Geldsorgen hat, für die Haus- und Erziehungsarbeit Angestellte hat und vom Kapitalismus profitiert.
Gerade mit ihren sechs Millionen Mitgliedern wäre der DGB in der Lage, enormen ökonomischen Druck aufzubauen und könnte so den Frauenstreik auf ein ganz anderes Niveau heben. Dabei würde sofort klar werden, wo die Grenzen verlaufen, nämlich nicht zwischen den Geschlechtern, sondern zwischen oben und unten. Hierzu müssten die Gewerkschaften natürlich mit ihrem Kuschelkurs mit den Chefs brechen.
Alles in allem sehen wir den diesjährigen Frauenkampftag als Schritt nach vorne, doch ist es noch ein weiter Weg. Es fehlt weiterhin an einer klaren Strategie und einem Programm, welches den Kampf gegen Frauenunterdrückung mit dem gegen Ausbeutung und Kapitalismus konsequent verbindet. Die Bewegung kann von einem steigenden politischen Bewusstsein profitieren, wenn sie in der Lage ist, den Kampf gegen den Kapitalismus in den Vordergrund zu stellen, um so Sexismus und Frauenunterdrückung den Nährboden zu entziehen und den gemeinsamen Kampf der Arbeiter*innenklasse voranzubringen, statt bei moralischen Apellen stehen zu bleiben. Gerade die Gewerkschaften können hierbei eine entscheidende Rolle spielen. In diesem Sinne: Jeder Tag ist Frauenkampftag! Lasst uns gemeinsam kämpfen!