Heute haben sich etwas über 30 Menschen in Mainz Bretzenheim eingefunden, um an unserer Kungebung „Gegen rechte Gewalt und Faschismus“ teilzunehmen. Wir stehen weiter für ein bedinungslos Bleiberecht für alle Geflüchteten. Gemeinsam sind wir stärker im Kampf gegen Rassismus, Nationalismus und Sozialabbau. Für den Sozialismus!
+++Redebeitrag auf der Kundgebung+++
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Genossinnen und Genossen,
wir haben zu der heutigen Kundgebung unter dem Motto „Gegen rechte Gewalt und Faschismus“ aufgerufen. Anlass war der Fall eines 16-jährigen Afghanen der an uns, als linksjugend [‘solid] Mainz, herangetreten ist. Er berichtete uns, wie er von drei Personen vor seiner Asylunterkunft rassistisch beleidigt wurde und mit einem Baseballschläger angegriffen wurde, von welcher er eine Kopfplatzwunde erhalten hatte. Wir wollten ihm Beistehen und Solidarität ausüben, weswegen wir seine Geschichte auf facebook veröffentlichten. Damit haben wir eine große Aufmerksamkeit erzielt.
Wie die Ermittlungen der Polizei ergaben, welche ihn aus dem Klassenzimmer herausführte, hat sich die Gegebenheit doch anders ereignet.
In einer Straßenbahn bekam er mit, wie zwei junge Männer sich abfällig über Migrant*innen unterhalten haben und lies sich deshalb auf eine Diskussion mit ihnen ein. Diese wurde immer hitziger, weswegen er einen der Beteiligten leicht schubste. Der Andere schlug ihm daraufhin auf den Kopf, so dass eine ältere Wunde aufplatze. Einer Person aus seiner Klasse erzählte er die Geschichte, jedoch abgeändert. Dieser ist bei uns aktiv und bot unsere Unterstützung an. Die Idee einer Verbreitung und einer Solidaritäskundgebung kam von unserer Seite, war aber mit dem afghanischen Jugendlichen abgesprochen.
Wir räumen ein, die Geschichte vorab nicht ausreichend überprüft zu haben und werden in Zukunft sensibler mit solchen Ereignissen umgehen. Dabei ist klar, dass wir Geflüchtete nicht unter Generalverdacht stellen, falsche Geschichten über Rechtsradikale und rassistische Angriffe zu verbreiten, sowie es auf unser facebook-Seite und unter Zeitungsartikeln reihenweise passiert ist. Wir bleiben bei unserer konsequenten antirassistischen Haltung und stehen weiterhin für ein bedingungsloses Bleiberecht für alle Geflüchteten ein.
Was ist jetzt aber der Grund, weshalb wir uns nicht dazu entschieden haben, die Kundgebung abzusagen oder zu verschieben?
Zum einen beinhaltet die Geschichte des Betroffenen, trotzdem migrant*innenfeindliche Dialoge in der Öffentlichkeit, welche sich immer weiter verbreiten. Gegen diese wollte er Stellung beziehen, was mit einem schweren Schlag auf den Kopf für ihn endete. Unsere Solidarität hat er deswegen weiterhin ungetteilt.
Darüber hinaus gab es am Abend des 14. Oktobers einen weiteren Vorfall, bei dem ein 49-jähriger Mann, zweimal vor der besagten Asylunterkunft in Bretzenheim aufgetaucht ist und die Anwohner*innen anpöbelte. Dabei trug er einmal einen Baseballschläger bei sich. Das Bedrohungsszenario für Asylsuchende und Menschen mit Migrationshintergrund ist also durchaus real und darf nicht verharmlost werden.
In Mainz-Bretzenheim, und auch anderswo in Mainz, tauchen außerdem seit einiger Zeit Aufkleber der faschistischen Organisationen „Identitäre Bewegung“ und „Der III. Weg“ auf. Diese sind größtenteils massiv gewaltbereit und gefährlich, nicht nur für Geflüchtete, sondern für alle Menschen mit einer weltoffenen Haltung.
Zuletzt war der shitstorm ein ausschlaggebender Punkt, die Kundgebung unbedingt stattfinden zu lassen. Den meisten Kommentierenden ging es dabei von Anfang an nicht darum, objektiv über die Ereignisse zu diskutieren, sondern haltlos gegen Geflüchteten zu hetzen und unterstellten Linken per se, rechte Angriffe zu erfinden, um diese politisch zu instrumentalisieren. Dabei waren die rufe „fake news“ und „Lügen“ sehr laut. Anzunehmen ist leider, dass diese Rufe auch nicht verebbt wären, wenn die Geschichte genauso, wie anfangs berichtet, stattgefunden hätte.
Es gibt also genug Anlass, diese Kundgebung in Bretzenheim heute durchzuführen. Neben den beschriebenen Gründen, aber auch wegen einer starken AfD im Bundestag, welche auch militanten Rechten neuen Aufwind verleiht. Antifaschismus und Antirassismus, darf nicht erst dann auftreten, wenn eine Geflüchtetenunterkunft brennt oder ein Mensch angegriffen wurde. Wir müssen jetzt aktiv werden und in die Offensive treten und ein breites Gegengewicht zu Rassismus, Nationalismus und Sozialabbau stellen. Auf Parteien, wie CDU, SPD, Grüne und FDP, können wir dabei nicht zählen. Diese vertreten die Interessen der Herrschenden und rücken mit ihren Forderungen immer weiter nach rechts.
Wir stellen dagegen klar: die Grenzen verlaufen nicht zwischen hier und dort, sondern zwischen oben und unten!