Unser Genosse Max hat passend zu den vorangegangenen Bundestagswahlen auf dem 7. Treffen des BAK Revolutionäre Linke einen Workshop zum Thema „Deutschland nach den Wahlen“ gehalten, welcher die Grundlage für die aktuellen Perspektiven unserer politischen Arbeit legt und für die Diskussion des daraufhin beschlossenen Thesenpapiers diente.
Der Text ist hier nachzulesen:
Wahlergebnis
Der Wahlkampf war von wenig Bewegung und kämpferischer Stimmung geprägt. Der Wiedereinzug Merkels ins Kanzleramt schien unvermeidlich und kaum jemand rechnete damit, dass es bei den Wahlen zu großen Überraschungen kommen dürfte. Die letzten Jahre voll Neoliberalismus, unsicheren Arbeitsverhältnissen, Armut und Entlassungen haben das Vertrauen ins politische Establishment stark erschüttert. Eine starke rechtspopulistische Partei, wie in vielen anderen europäischen Ländern, im Parlament ist jetzt die Folge.
Die SPD hat mit 20,5% das schlechteste Wahlergebnis seit Gründung der BRD erzielt und taucht jetzt in die Opposition ab, nachdem sie im Wahlkampf bis zum Schluss damit prallte den Kanzler zu stellen. Schulz pseudosoziales Gerede, konnte niemanden überzeugen. In der Rolle als Oppositionsführung wird die SPD versuchen, sich durch Verbal-Radikalismus zu behaupten, doch ist klar, dass daraus keine Taten folgen werden. Die LINKE darf auf diesen nicht hereinfallen und muss klar stellen, dass dies kein Umdenken in der SPD bedeutet und sie für die Politik der letzten Jahre verantwortlich ist und diese auch in den Landesregierungen, in denen sie sitzt, weiter führen wird.
Auch die Union hat starke Verluste gemacht, und begibt sich jetzt in Koalitionsgespräche mit Grünen und FDP.
Jamaikakoalition
Auch wenn das eingetroffen, ist, was sich viele gewünscht haben, ein Ende der Großen Koalition, bleibt Merkel weiterhin Kanzlerin und eine Schwarz-Gelb-Grüne Regierung wird fast sicher zustande kommen. Dies bedeutet vier weitere harte Jahre für alle, welche nicht zu den Topverdiener*innen in Deutschland gehören. Privatisierungen und Lohnkürzungen werden vorangetrieben. Angriffe auf Arbeitszeiten und Rente können wir erwarten und dagegen müssen wir uns wappnen. Auch ist klar, dass die AfD die Regierung von rechts bedrängen wird. Schon jetzt haben sich CDU und CSU auf eine de facto Obergrenze von 200.000 Menschen pro Jahr geeinigt.
Die FDP kündigte bereits an, dass ein Ende von Verbrennungsmotoren mit ihnen nicht möglich sei, was schon auf die fortschreitende umweltzerstörende Politik hindeutet, welche in den nächsten Jahren vermehrt für Klimaflüchtlinge sorgen wird. Dafür spricht Lindner schon jetzt davon, dass es „kein Menschenrecht gibt, sich seinen Standort frei auszusuchen“.
Auch wird der Kampf gegen links mit dieser Koalition weitergehen. Bereits im Wahlkampf zeichnete sich die Debatte trotz drohendem Einzug der AfD dadurch aus, immer wieder vermeintlichen „Linksextremismus“ bekämpfen zu wollen. Das Verbot von Indymedia und die ersten Verurteilungen von G20 Protestler*innen, mit massiven Freiheitsstrafen, zeichnen ein deutliches Bild.
Für die Grünen dürfte diese Regierungsbeteiligung ein vernichtender Schlag werden. Von ihren Forderungen wird sie sicherlich so gut wie nichts umsetzen und dafür, Ausgrenzung von Geflüchteten, Privatisierung, Sozialabbau und Umweltzerstörung mittragen. Einzig als konservative Wahl-Alternative zur CDU und SPD, wie in Baden-Württemberg, wird ihr zukünftiges Fortbestehen sein und als Bündnispartner für eine progressive Kraft ist sie damit vollkommen ungeeignet.
Was denkt ihr, was von der kommenden Regierung zu erwarten ist?
AfD
Die AfD konnte mit 12,6% in den Bundestag einziehen. Besonders hohe Wahlergebnisse erzielte sie dabei in den neuen Bundesländern, wobei sie in Sachsen eine Massenbasis mit 27% hat. Auch in Bayern hat sie großen Zulauf und der Absturz von CSU auf 38,8% (zweit-schlechtestes Ergebnis seit 1949) zeigt, dass ein Rechtsruck der Parteien nicht hilft, diesen aufzuhalten, sondern am Ende doch das rechte Original gewählt wird.
Sie kann sich damit erst einmal personell wie finanziell stärker aufstellen und ihren gesellschaftlichen Einfluss durch höhere Präsenz erhöhen. Nicht nur der Einfluss im Parlament ist dabei entscheidend, sondern auch das Klima im Land. Bereits vor den Wahlen liefen AfD Politiker*innen in allen Talkshows rauf und runter und die Medien legten einen großen Fokus, auf Migration, Islam und innere Sicherheit.
Der Austritt von Frauke Petry und einer weiteren Person aus der Bundestagsfraktion, ist zwar zu begrüßen, vor allem auch da Petry die meisten Erststimmen und den stärksten Wahlkreis hatte, doch deutet aktuell nichts darauf hin, dass es der AfD großen Schaden zu fügt, was schon beim Austritt von Lucke nicht der Fall war. Petrys Versuch eine neue Partei aufzubauen, wird ebenso scheitern, wie der von Lucke. Dennoch zeigt es die innere Zerrüttung der Partei. Schaden wird sie sich, wie schon in einigen Landtagen vorgeführt, mit ihrer Arbeit im Parlament, welche den Wünschen und Vorstellungen ihrer Wähler*innen, nicht gerecht werden kann. Zu beobachten ist, dass jeder Schritt weg von der AfD als Schritt in Richtung Establishment wahrgenommen wird und die Personen für die meisten Wähler*innen, damit verbrannt sind. Gleichzeitig rückt die AfD jedes Mal ein Stück weiter nach rechts. Aktuell wird schon darüber diskutiert, ob Höcke, beim Parteitag am 2.Dezember Stellvertretender Parteivorsitzender werden sollte.
Der Einzug der AfD blieb von Protesten begleitet, so waren in Hamburg, Kassel, Mainz und anderen Städten hunderte bis tausende Menschen auf der Straße. Einige haben jetzt erkannt, dass es höchste Zeit ist, zu handeln. Dieses Potenzial müssen wir nutzen um neue Leute zu gewinnen und eine breite antirassistische Bewegung gegen die AfD zu schaffen, z.B. bei Büroeröffnungen oder dem bevorstehenden Bundesparteitag. Diese Bewegung sollte, aber nicht lediglich den Schulterschluss mit den etablierten Parteien suchen, welche für den Aufstieg der AfD mitverantwortlich sind, sondern ein klares soziales Programm habe, welches auch die herrschende Politik angreift. Dabei müssen wir klar machen, dass die AfD keine faschistische Partei ist, auch wenn sie Menschen mit faschistischem Gedankengut in sich hat. Als Partei setzt sie auf parlamentarische Wahlen und nicht auf Mobilisierung auf der Straße oder die Ausbildung von Schlägertrupps für eine gewaltsame Machtübernahme. Für die militante Rechte und faschistische Kräfte bietet der Einzug der AfD jedoch auch einiges an Potenzial, sich vermehrt in der Öffentlichkeit zu zeigen und sich zu organisieren.
Was sind die Faktoren, die die AfD so stark gemacht haben? Warum konnte sie sich gerade im Osten so stark etablieren?
Die LINKE
Die LINKE hat 0,6% dazugewonnen und erzielte in allen Bundesländern über 5%. In einigen Städten und Stadtteilen, konnten Ergebnisse weit über 10% gefeiert werden. Dennoch ist sie noch weit von ihrem Ergebnis 2009 entfernt, welches bei 11,9% lag.
Die LINKE hat gerade dort verloren, wo sie sich an Regierungen beteiligt hat, wie in Brandenburg oder Thüringen. Bis zum Schluss wurde von R2G fantasiert, obwohl schon lange abzusehen war, dass diese Koalition nicht zustande kommen kann. Diese Taktik hat nicht nur unrealistische Hoffnungen an eine Verbesserung durch pro-kapitalistischen Parteien geweckt, es hat vor allem gezeigt, wie weit die LINKE doch bereit ist, sich dem politischen Establishment anzupassen und war damit keine Alternative für all diejenigen, die diese abwählen wollten. Die LINKE muss sich wieder stärker auf ihre Rolle als Oppositionspartei besinnen und Regierungsbeteiligungen mit bürgerlich-kapitalistischen Partien ablehnen, egal ob auf Bundes- oder Landesebene. Wir müssen Verantwortungen für alle Arbeiter*innen übernehmen und dürfen nicht für eine sinnlose Regierungsbeteiligung, Sozialabbau, Kriegseinsätze und Abschiebungen mittragen.
Auch die Entfremdung einiger Teile der linken Szene von der Arbeiter*innenklasse hat ihre Schuld am Zulauf von potenziellen LINKE Wähler*innen hin zur AfD. Entweder weil sie postmoderne Thesen über eine angeblich strikt rassistische und reaktionäre Arbeiter*innenschaft teilen, welche generell bekämpft, statt agitiert werden muss oder Ultra-Linke, welche meinem mit einem Wahlboykott eine Verbesserung für Arbeiter*innen herbeizuführen und den Herrschenden damit ein Schnippchen schlagen.
Ebenso schädlich für eine starke linke Kraft, sind die nationalistischen Aussagen von Lafontaine nach den Wahlen, welche Geflüchtete gegen einheimische Arbeitnehmende ausspielen und sie für soziale Ungerechtigkeit mit verantwortlich machen. Wir müssen uns konsequent gegen Rassismus und Spaltung stellen und für eine klare Haltung einstehen, welche klar antirassistisch ist und klar macht, dass die Grenzen nicht zwischen hier und dort verlaufen, sondern zwischen oben und unten. Eben solche Aussagen sorgen für einige Verluste von Menschen welche eigentlich gewillt wären die LINKE zu wählen und führt keinerlei AfD Wähler*innen näher an unsere Partei. Zusätzlich macht es den bürgerlichen Parteien einfacher, die angebliche Nähe von rechten und linken Kräften zu betonen.
Die LINKE muss sich in den nächsten vier Jahren weiter in sozialen und gewerkschaftlichen Kämpfen etablieren um zu zeigen, dass sie kein Wahlverein ist, wie die anderen Parteien. Mit Regierungsbeteiligungen und dem Anschluss an die Verbal-Opposition der SPD verliert sie ihre Glaubwürdigkeit nur vollständig.
Dafür muss sich die LINKE auch umstrukturieren. Die Basis der Mitglieder muss die Entscheidungsgewalt über Inhalte und Kampagnen haben. Damit ließe sich ein Debakel, wie die diesjährigen Wahlplakate auch vermeiden. Abgeordnete dürfen lediglich eine Bezahlung in Höhe eines durchschnittlichen Facharbeitergehalts erhalten.
In den ersten Tagen nach den Wahlen, konnte die Partei über 1.000 Neueintritte verbuchen. Dieses Potenzial gilt es zu nutzen und die Menschen jetzt auch zum aktiven Handeln zu bewegen.
Linksjugend [‘solid] und BAK Revolutionäre Linke
Im eigenen Verband haben wir da große Probleme. Die Jugendkampagne wurde nicht mit den Mitgliedern abgesprochen und hat dafür übertrieben viel Geld gekostet. Wieder fehlte ein klares, einheitliches Programm. Stattdessen fand man einen bunten Haufen an Themen, die kaum in einen klaren gesellschaftlichen Zusammenhang gebracht wurden. Dass es für Jugendliche aktuell am besten wäre, die LINKE zu wählen, lies sich nur schwer herauslesen. Das Design der Kampagne war für Jugendliche wenig ansprechend und die Give-Aways zu teuer und dafür in zu geringer Zahl verfügbar. Davon abgesehen, dass diese z.B. in Mainz, erst eine Woche vor der Wahl eingetroffen sind…
Die Debattenkultur im Jugendverband steht am Tiefpunkt. Anstelle sich über unsere Aktivität zu freuen, behindert man die Arbeit unseres BAKs mit einer undemokratischen Begrenzung unserer Teilnehmenden auf dem Verbandswochenende. Unsere Fragen über die Legitimation dieser Entscheidung und die Finanzierung blieben bisher unbeantwortet. (Anmerkung: Es kam auf dem Wochenende zu einem Gespräch mit dem BSpR, doch führte es zu wenig konkreten Ergebnissen)
Die RL ist dabei die Plattform für alle, die sich für einen klassen-kämpferischen und sozialistischen Jugendverband einsetzen, welcher in die sozialen Kämpfe hineingeht und zuspitzt.
Aktuell sind wir der größte BAK mit 173 Mitgliedern in 45 Orten, welche sich an Aktionen für den Frauenkampftag, Protesten gegen den AfD Bundesparteitag und G20 beteiligt und den Widerstand gegen die Stellenstreichung bei der Zusammenlegung von Thyssen und Tata Stahl im Ruhrgebiet eingesetzt haben. Dafür haben wir auch zwei Zeitungen und anderes Material mit klarem sozialistischen Programm zusammen produziert.
Was haltet ihr von der diesjährigen Kampagne von Partei und Jugendverband? Was müssen wir tun, damit es in den nächsten Jahren anders läuft?
Für einen sozialistischen und klassenkämpferischen Jugendverband!
Solidarität statt Spaltung!